Genüsslich kaut Whisky auf seinem Gras herum. Ab und an steckt er seinen dicken Kopf über den Weidezaun und lässt sich streicheln. Der riesige Highland-Bulle ist sehr zutraulich. Ein paar Meter weiter watschelt eine Kanada-Gans-Familie über den gepflegten Rasen und eine Nilgans kommt auf Zuruf herbei. Am Weiher lauert der Fischreiher auf fette Beute. Die schwimmt in Form von Karpfen, Barschen und Schleien zu Unmengen in natürlichen Gewässern – eine Szenerie wie aus einem Wildtiergehege. Aber nicht in einem solchen spielt sich das ab, sondern auf dem Mucher Golfplatz.
“Viele Tiere fühlen sich auf dem naturbelassenen Gelände sehr wohl. Wenigen, intensiv gepflegten Flächen stehen große Flächen gegenüber, die wenig oder gar nicht gepflegt werden“, erzählt Günter Widl. Der Geschäftsführer des Golfclubs Burg Overbach ist selbst ganz fasziniert von den Naturbegegnungen auf dem rund 80 Hektar großen Areal, auf dem sich Wald- und Wiesenflächen, Blumen- und Obstwiesen mit Siefen und natürlichen Teichen abwechseln. Auf den „Grün“ genannten Spielbahnen tummeln sich an sieben Tagen in der Woche die Golf-Spieler. So haben sich die Wildtiere an diesen Anblick gewöhnt und lassen sich davon nicht stören. Regelmäßig kommen Rehe mit ihren Kitzen zum äsen, Feldhasen flitzen umher und Füchse ziehen ihre Jungen in den Randbereichen groß. „Ich habe beobachtet, wie zwei Fuchs-Welpen mit einem Golfball gespielt haben“, erzählt Widl begeistert.
Dagegen sind die jährlich brütenden Kanada- und Nilgänse, die teilweise sehr zutraulich sind und Freundschaften mit einigen Golfern geschlossen haben, schon fast normal. Ebenso Enten, Reiher und Spechte sind Stammgäste auf dem Platz, wo auch drei Brutpaare des Roten Milans leben. Neben Bussarden und Eulen fühlen sich zudem verschiedene Fledermausarten hier wohl. Viele von ihnen leben in den Obergeschossen der aus dem 14. Jahrhundert stammenden Burg Overbach. Denn der Golfclub, der die Burg im Jahr 1984 erwarb, nutzt nur die unteren Geschosse als Geschäftsräume, während oben Raum für Natur pur ist. Im Burggraben und den Wasserhindernissen tummeln sich neben verschiedenen Fischen auch Molche, Frösche und Kröten. Auf diese Beute lauern die ebenfalls dort lebenden Ringelnattern, während auch die Kreuzotter schon in den Waldrandbereichen gesichtet wurde.
„Selbst der Eisvogel brütet hier“, erzählt Widl, verrät aber den genauen Standort der Bruthöhlen nicht. Mit den Kolkraben und Krähen machen die Golfer besondere Erfahrungen. „Es gibt immer wieder Jahre, in denen Krähen sich sehr für Golfbälle interessieren und sich so manchen Ball von der Spielbahn klauen und das auch schon mal unmittelbar vor der Nase des Golfspielers“, berichtet der Naturfan. Die Golfer nähmen es gelassen, sie freuten sich über den Wildbestand, so Widl. Und sie kaufen gerne den Honig, der von den zehn Bienenvölkern auf dem Platz stammt. Allerdings gibt es auch weniger gern gesehene Tiere auf dem „Grün“: Wildschweine verwüsten immer mal wieder bestimmte Bereiche.
Sie lassen sich auch vom Hundegeruch nicht abschrecken. Denn seit vergangenem Jahr sind diese erlaubt. „Hundebesitzer haben immer wieder danach gefragt, ob sie ihre Tiere mitbringen dürfen, aber die Meinungen, ob wir dies zulassen sollten, gingen lange Zeit weit auseinander“, erzählt der Geschäftsführer. Die Nicht-Hundebesitzer unter den 650 Mitgliedern befürchteten Verschmutzungen und Belästigungen und sorgten sich um die Wildtiere. Nach einem Probelauf in 2014 mit einem Hundetag in der Woche sind Hunde nun an sieben Tagen erlaubt und am 9. September findet der erste Vier-Pfoten-Cup statt, an dem Golfer mit und ohne Hund teilnehmen können. Und was eigene Tier angeht, so plant der Golfclub die Anschaffung von Highland-Rindern – die jetzigen seien nur „geliehen“, so Widl, der sich besonders über die im Juli erhaltene Zertifizierung in Bronze „Golf & Natur“ freut. Die vergibt der Golfverband für besonders naturnahe Plätze. (ins)